2 Einleitung

Wer Software entwickelt, kennt das Ritual: Code schreiben, committen, pushen – und dann beginnt die eigentliche Arbeit. Tests müssen laufen, die Anwendung will gebaut werden, vielleicht steht noch ein Deployment an. Lange Zeit bedeutete das entweder, diese Schritte manuell durchzuführen oder einen separaten CI/CD-Server wie Jenkins aufzusetzen und zu pflegen. Beides kostet Zeit und Nerven.

GitHub Actions verändert dieses Spiel grundlegend. Statt externes Tooling zu betreiben, rückt die Automatisierung direkt dorthin, wo der Code lebt: ins Repository selbst. Was zunächst wie ein weiteres Feature unter vielen klingt, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als durchdachtes Automatisierungssystem, das weit über klassische CI/CD-Pipelines hinausgeht.

2.1 Warum noch ein Automatisierungstool?

Die Frage ist berechtigt. Jenkins, GitLab CI, Travis CI, CircleCI – der Markt ist nicht gerade leer. Doch GitHub Actions setzt an einem anderen Punkt an. Wo traditionelle CI/CD-Systeme als eigenständige Infrastruktur neben dem Repository existieren, integriert sich GitHub Actions nahtlos in den gesamten Entwicklungsworkflow. Ein Pull Request wird geöffnet? Actions kann darauf reagieren. Ein Issue wird kommentiert? Actions kann automatisch Labels setzen. Ein Release wird erstellt? Actions kann die Software bauen, testen und direkt ausliefern.

Diese enge Verzahnung mit der GitHub-Plattform ist kein Zufall. Während klassische CI-Server primär auf Build- und Test-Prozesse ausgerichtet sind, versteht sich GitHub Actions als universelles Automatisierungswerkzeug für nahezu jeden wiederkehrenden Vorgang im Entwicklungsprozess. Das reicht von der Codequalitätsprüfung über die automatische Aktualisierung von Dependencies bis hin zur Orchestrierung komplexer Deployment-Szenarien über mehrere Cloud-Anbieter hinweg.

2.2 Der deklarative Ansatz

GitHub Actions setzt auf YAML-Konfigurationsdateien, die im Repository selbst versioniert werden. Das mag zunächst unspektakulär klingen, hat aber weitreichende Konsequenzen. Änderungen an der Automatisierung durchlaufen denselben Review-Prozess wie Änderungen am Code. Verschiedene Branches können unterschiedliche Workflows nutzen. Die Historie zeigt transparent, wann welche Pipeline-Änderung eingeführt wurde.

Der Ansatz ist deklarativ: Wir beschreiben was passieren soll, nicht wie die Ausführung im Detail abläuft. Ein Workflow definiert Events, auf die reagiert werden soll, Jobs die ausgeführt werden, und Steps innerhalb dieser Jobs. GitHub übernimmt die Orchestrierung, stellt Runner bereit und kümmert sich um die Infrastruktur.

Diese Abstraktion hat ihren Preis – wer absolute Kontrolle über jeden Aspekt der Ausführungsumgebung benötigt, stößt an Grenzen. Doch für die überwiegende Mehrheit der Anwendungsfälle bietet GitHub Actions genau die richtige Balance zwischen Flexibilität und Einfachheit.

2.3 Das Ökosystem macht den Unterschied

Was GitHub Actions besonders macht, ist der Marketplace. Statt jede Automatisierung von Grund auf zu implementieren, können Entwickler auf tausende vorgefertigte Actions zurückgreifen. Docker-Container bauen, zu AWS deployen, Slack-Benachrichtigungen versenden, Sicherheitsscans durchführen – für die meisten Standardaufgaben existiert bereits eine fertige Lösung.

Gleichzeitig bleibt die Möglichkeit, eigene Actions zu entwickeln. Ob als einfaches Shell-Script, als Docker-Container oder als JavaScript-Anwendung – die Erweiterbarkeit ist fest in die Architektur eingebaut. Organisationen können interne Actions entwickeln, teilen und zentral pflegen.

Diese Kombination aus Standardlösungen und individueller Anpassbarkeit unterscheidet GitHub Actions von vielen Konkurrenten. Wir müssen das Rad nicht neu erfinden, können aber bei Bedarf jedes Detail selbst gestalten.

2.4 Für wen ist dieses Material gedacht?

Diese Schulungsunterlage richtet sich an Entwickler und DevOps-Engineers, die GitHub Actions produktiv einsetzen möchten. Grundkenntnisse in Git und GitHub werden vorausgesetzt – wer weiß, was ein Repository ist und wie Pull Requests funktionieren, bringt die richtige Basis mit. Erfahrung mit CI/CD-Systemen ist hilfreich, aber nicht zwingend erforderlich.

Die folgenden Kapitel bauen systematisch aufeinander auf. Wir beginnen mit den Grundkonzepten, arbeiten uns durch die praktische Anwendung und erreichen schließlich fortgeschrittene Themen wie Matrix-Builds, selbst gehostete Runner oder die Entwicklung eigener Actions. Jedes Kapitel konzentriert sich auf ein spezifisches Thema, ohne unnötige Redundanzen oder Vorgriffe auf spätere Inhalte.

Der Fokus liegt durchgängig auf praktischer Anwendbarkeit. Theoretisches Wissen wird dort vermittelt, wo es zum Verständnis notwendig ist – im Vordergrund stehen jedoch konkrete Lösungen für reale Probleme aus dem Entwicklungsalltag.